Goethe liebte es schon – und wir immer noch: Italien
Was fasziniert uns eigentlich?

Es gibt kein Land innerhalb Europas, das so oft besungen, verherrlicht oder beschrieben wurde wie Italien. Es war das Land, wo bereits die „Grand Tour“ hinführte, die Jünglingen des Adels im 18. und 19. Jahrhundert auf einer oft mehrjährigen Reise den letzten Schliff erhalten sollten, es war das Land, das Goethe liebte und ihm viele Seiten auf seine „Italienischen Reise“ widmete.
Natürlich haben sich mit den günstigen Flugpreisen, der leichten Hotelbuchung, den Billiganbietern von Reisen, usw. die Destinationen, die Touristen besuchen, vervielfältigt. Fernreisen sind fast schon normal und mal kurz nach New York übers Wochenende ruft auch kein Erstaunen mehr hervor. Dennoch ist eines geblieben, Italien als das Land der Sehnsüchte für viele, selbst für solche, die schon die ganze Welt bereist haben. Wie lässt sich das überhaupt erklären?
Erklärungsversuch

Wenn ich bei Messen Besucher berate kommt immer wieder eines ganz deutlich hervor, es ist das italienische „dolce vita“, was noch immer fasziniert. Die scheinbare Leichtigkeit des Seins, das Wissen darum, wie man sein Leben genießen kann und einfach Lebensfreude versprüht. Es ist der Wunschtraum vieler Deutscher es ebenso machen zu.
Ein wenig Selbsterfahrung – mein eigener Traum von Italien
Für viele meines Jahrgangs (1956) und älter, führten die ersten weiteren Auslandsreisen nach dem Krieg nach Italien. Sonne, Sand, Palmen, Meer – einfach der Süden. Ich erinnere mich noch gut an meine erste Italienreise mit meinen Eltern an den Gardasee.
Es gab noch keine Brennerautobahn, unser Auto war ein VW Käfer und für mich als Sechsjährige ein unglaubliches Abenteuer. Wir wohnten in einer kleinen Familienpension und die Kinder unserer Gastgeber, zwei Mädchen, ein wenig älter als ich, fügten mich sofort in ihren Freundeskreis ein. Wir verstanden zwar kein Wort, aber wir verstanden das Reden mit Händen und Füßen.
Ganz selbstverständlich wurde ich und übrigens auch meine Eltern, in irgendeiner Form ein Teil des Ganzen. Wir waren keine Ausländer, wir waren einfach Gäste, aber nicht im Sinne von Pensionsgästen. Wahrscheinlich hat mich diese Erfahrung für mein Leben geprägt, denn von da an war es mein sehnlichster Wunsch, in Italien zu leben.
Die Leichtigkeit ….der Sprache!
Neben diesem Effekt mit Langzeitwirkung der ersten großen Auslandsreisen ist sicher auch die Sprache und ihre Melodie, die dazugehörige Gestik und ihre Lebhaftigkeit etwas, das uns immer wieder gefällt. Unter all den Ländern, die ich besuchte, habe ich keines gefunden, wo mit so viel Gebärden ein Gespräch unterstrichen wird. Wer selbst Italienisch spricht kann vielleicht an sich selbst beobachten, dass wir einfach anders gestikulieren und uns irgendwie verändern.
Latin lovers und le Bionde

Wenn wir einfach nur die Menschen betrachten, so könnte man fast den Spruch einsetzen, dass das Gras auf der andren Seite immer grüner ist als auf der, wo man sich befindet. Männer kommen ehrlicherweise bei schwarzhaarigen, feingliedrigen italienischen Frauen mit dunklen Augen ins Träumen. Frauen fällt der sogenannte „Latin Lover“ dazu ein. Casanova war Italiener…
Nun sind es mittlerweile 15 Jahre, dass ich in Italien lebe, zumindest die allermeiste Zeit des Jahres und ich musste oft feststellen, dass es Italienern mit dem hellhäutigen, blauäugigen, blonden Typus genauso ergeht. Warum färben so viele Italienerinnen ihre Haare blond? Es liegt auf der Hand.
Ich möchte an dieser Stelle nicht über die Fülle an Kultur schreiben, die mit dem größten Prozentsatz aller Kunst-und Kulturstätten weltweit nicht zu überbieten ist. Das wissen wir alle selbst, dass es keine mit Rom oder Florenz vergleichbare Stadt gibt, aber nicht nur diese beiden, noch Tausende andere Orte in Italien.
Was uns noch gleich bei Italien einfällt ist die Mode und natürlich die italienische Küche.
Es muss nicht immer Prada sein – Italienische Mode und ihr Geheimnis
Ich bewundere oft Italienerinnen, auch die in schon reiferen Jahren, mit welchem Know-how sie es verstehen sich zu kleiden. Dabei sind es keine Modellkleider sondern ganz simple Bekleidung, die an uns wie ein nasser Sack wirken

würde. Auch die Männer sind so gekleidet, als ob sie gerade einem Modejournal entstiegen seien. Sicher, das ist nun eine Verallgemeinerung und trifft nicht auf jeden zu, aber auf die meisten. Nach nunmehr langjähriger Betrachtung glaube ich hinter das Geheimnis gekommen zu sein. Es sind die kleinen Assessoirs wie Halstücher, Gürtel, ein wenig Schmuck, muss nicht echt sein, die aus einem simplen Kleid etwas richtig Schönes zaubern. Dazu kommt noch, dass Italiener, egal ob Mann oder Frau, den Mut zu Farben haben. Orangefarbene Hosen beispielsweise,kombiniert mit einem dunkelblauen Jackett – wer hätte dazu anderswo den Mut?
Deutscher Mut in Sachen Mode

Ich ging im letzten Jahr mit einer deutschen Freundin shoppen. Ein Paar Sandalen in Regenbogenfarben fand sie ganz toll. Sie waren nicht teuer aber eine Augenweide, dennoch kaufte sie sie nicht. Warum? „Was meinst Du, was die Leute über mich sagen würden?“ Gut, sie lebt in einem kleinen Ort, aber das tun die meisten Italiener auch.
Ich selbst war in einem kleinen Geschäft, dessen Ausstellungsstücke im Schaufenster mich begeistert hatten. Das, was mir gefallen hätte war natürlich in meiner Größe nicht vorhanden, aber etwas sehr Ähnliches. Das Long Shirt aus Seide stand mir gut, aber was dazu tragen? Die
Verkäuferin brachte mir ein Paar Hosen, die weit geschnittene Beine hatten, also eher wie ein langer Rock aussahen. Ich schrie auf, denn mager bin ich nun wirklich nicht und meine Vorstellung von mir in diesen Hosen erinnerte mich an eine Tonne. No, no, Signora, probieren Sie sie, Sie werden sehen, das passt perfekt. – Und es stimmte. Nie wäre ich von alleine auf die Idee gekommen, diese Hosen auch nur in Erwägung zu ziehen. Dazu reichte mir die Verkäuferin noch einen extrem breiten Gürtel und einen ganz kurzen Überzieher, den ich meine Tüllgardine nenne. Ich war auf einmal eine ganz andere.
Mit Begeisterung trage ich diese Sachen immer noch, denn sie sind zeitlos und kombinierbar, dazu passend für alle Gelegenheiten. Beim Kleidungskauf in Italien sollte man ruhig den Mut haben, auch einmal etwas zu probieren und sich in die geschulten Hände einer Verkäuferin begeben. Es gibt kaum schwarze Schafe darunter, die aus einer Frau eine Vogelscheuche machen würden.
Besser essen – italienisch kochen

Nun komme ich zum letzten Punkt einer Liste, die sich gut noch weiter fortsetzen ließe: die italienische Küche.
Italiener verzichten lieber auf eine Urlaubsreise als auf Qualität beim Essen.
In Cupra Marittima, wo ich wohne, sind zwei Geschäft nebeneinander. Das eine ist eine Tigre-Filiale, die in etwa von der Qualität Edeka oder Rewe entspricht, das andere ist eine Art Aldi oder Lidl. Die Preise bei Tigre liegen um ca. 15% höher, aber es gibt eine Metzgertheke, wo ausgewiesen ist, woher das Fleisch kommt, nämlich aus nächster Nachbarschaft. Das Gleiche gilt für die Wurst-und Käsesachen. Bei Dico, dem Aldi-Pendant gibt es auch Fleisch in der Kühltheke zu sehr niedrigem Preis. Man kann entnehmen, dass es in Italien produziert wurde, mehr aber nicht. Nun raten Sie, wo das meiste Fleisch gekauft wird. Richtig, bei Tigre.
So viel Zeit muss sein – Dosenfutter, nein danke
Natürlich gibt es auch einige tiefgekühlte Fertiggerichte, Dosen fast nie, denn die kauft keiner. Die Zeit, ein Pasta- Gericht zu bereiten findet jeder und kaum jemand ist bereit etwas zu kaufen, wovon er nicht weiß, was überhaupt drin ist.
Die Palette der im Lande erzeugten Produkte ist enorm groß. Angefangen vom

Wein über Schinken, Salamis, Fisch und Obst, Pilze, Gemüse und Käse, Olivenöl und Teigwaren, Kräuter und Trüffel – es gibt einfach alles. Kaum einer meiner Gäste, der mit dem Auto anreist, kehrt nicht mit einer Wagenladung voll italienischer Erzeugnisse nach Hause zurück. Produkte, die hier zu ganz zivilen Preisen
verkauft werden, im Ausland aber Höchstpreise erzielen, sind begehrte Urlaubsmitbringsel und nicht zuletzt für den eigenen genussvollen Verbrauch.
Das Geheimnis der wunderbaren italienischen Küche

Um den Gästen eine Ahnung zu geben, wie alles erzeugt und gefangen und auch zubereitet wird, sind Kochkurse und Gourmetreisen in Italien sehr beliebt. Es sei noch anzumerken, dass das Geheimnis italienischer Küche denkbar einfach ist.
Es werden nur ganz wenige Gewürze verwendet, denn ein weniger ist viel mehr– immer vorausgesetzt natürlich, dass es sich um gute Qualität der Produkte handelt. Das Produkt selbst behält seinen Eigengeschmack und wird, z.B. bei Fleisch, mit etwas Rosmarin und Salz verfeinert. Gebraten in etwas Olivenöl und eine leckere Beilage dazu, fertig.
Natürlich sind die Antipasti sehr beliebt und die Reichhaltigkeit in zweierlei Hinsicht ist enorm. Pasta darf nie fehlen oder zumindest etwas Adäquates und beim Mittagessen ist ein Hauptgericht nicht zwangsläufig nötig. Das wird dann zum „cena“ mit angefügt.
Unabdingbar auch ein „dolce“, ein Nachtisch, der im Hochsommer auch nur aus Obst oder einer Macedonia, einem Fruchtsalat, bestehen kann. Der Abschluss des Essens ist immer der „caffé“. Nach dem eingenommenen Espresso, zu dem man vielleicht noch einen Digestif trinkt, kommt nichts mehr. Fatal, wer sich nach dem Essen einen Cappuccino bestellt. Denn den trinkt der Italiener nur bis maximal Mittags. Ein Caffé nach dem Essen soll der Verdauung helfen und hat fast die gleiche Funktion wie der Digestif.
Wollen Sie mehr über die Eigenschaften italienischer Produkte wissen? Im nächsten Kapitel können Sie weiterlesen.
